Chocolatiers mit Biss: nachhaltige Riegel von the nu company

Shownotes

„Kann ich nicht tun, was mich erfüllt?“, fragte sich Christian Fenner, als er während eines Praktikums Excel-Tabellen anstarrte. Der Mitgründer von the nu company erzählt im „Ungeschönt“-Gespräch, wie unzufrieden er am Ende seines Studiums war. Seinen Studienfreunden Mathias Tholey und Thomas Stoffels ging es ähnlich. Aus Leidenschaft für Schokolade und gesunde Ernährung kreierten die drei angehenden Wirtschaftsingenieure ihren eigenen Schokoriegel mit weniger Zucker, dafür Bio-Kakao, Hanfsamen und Nüssen. Sie ließen ihre Karrieren sausen und brachten „nucao“ auf den Markt. Anfangs stießen sie auf Skepsis und Ablehnung. Doch die drei Chocolatiers bewiesen Biss: vom ersten Riegel in der WG-Küche über den Aufbau einer eigenen Manufaktur mit Verpackungsmaschine bis zur Listung in einer großen Drogeriekette. „Nachhaltigkeit“ heißt für the nu company auch „Nachwachsen“: Für jedes verkaufte Produkt pflanzt the nu company einen Baum.

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KfW Podcast „Ungeschönt“

the nu company GmbH

mit Christian Fenner

Transkript

Ich weiß nicht, ob das sinnbildlich ist für unsere Generation, die aufgeladen [ist] mit den Werten, aber auch mit den vielen Informationen, die einfach in unserem digitalen Zeitalter schon auf uns einprasseln. Hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass man sich früher beschäftigt: Wie möchte man seine Zeit verbringen, wie viel Sinn soll da drinstecken? Und ich saß dann eben im Büro von einem Großkonzern, habe gegen die Excel-Tabelle gestarrt und habe mich gefragt: Ist das wirklich das? Will ich wirklich jetzt diese Zeit gegen Geld tauschen und dann den Spaß erst nach Feierabend haben? Oder kann ich nicht was tun, was mich erfüllt?

Ich habe dann schon gemerkt – ich war noch in einem Praktikum –, dass ein Feuer angeht in mir drin. Und dann irgendwann wurde das Bild so klar, dass wir gesagt haben: Ja, das ist tatsächlich persönlich der Ausweg, aber auch die Möglichkeit, einer Leidenschaft zu folgen.

Ein Schwerpunkt unserer zweiten Staffel von „Ungeschönt“ sind nachhaltige beziehungsweise „grüne“ Gründungen. In der jüngsten Folge haben wir die Crafting Future GmbH vorgestellt, die Mehrwegprodukte aus nachhaltigen und Biokunststoffen herstellt, um die Plastikflut von Einwegverpackungen einzudämmen. the nu company in Leipzig stellt unter anderem Bio-Schokoriegel her, die mit diesen plastikfreien Verpackungen umhüllt sind. Aber nicht nur die Riegel und die Verpackungen sind bio. the nu company pflanzt auch Bäume für jedes verkaufte Produkt. Ich spreche mit einem der Gründer, Christian Fenner. Willkommen bei „Ungeschönt Grün“!

Ja, eigentlich sind es ja drei Gründer: Mathias Tholey, Thomas Stoffels und Sie, Herr Fenner. Sie müssen jetzt Ihre Mitgründer würdig vertreten. Herzlich willkommen!

Ja, vielen Dank! Ich freue mich, dass ich da sein darf.

Ja, wer wünscht sich das nicht? „Positiver Konsum“, so nennen Sie das zumindest auf Ihrer Website. Was ist damit gemeint? Also seit wann ist naschen gesund, reuelos und gut fürs Klima?

Ja, das ist eine gute Frage, weil es glaube ich lange Zeit auch gar nicht so im Kopf der Konsumenten, aber auch nicht im Kopf der Produzenten war, dass Konsum doch einen ganz schönen Rattenschwanz hinter sich herträgt und leider auch oft viele negative Konsequenzen. Wenn man sich so eine Wertschöpfung anschaut, vom Anfang, vom Kakaobauern, bis irgendwann die Verpackung des Schokoriegels im Müll landet, da sind halt einige Schritte, wo wir gesagt haben, da können wir dran drehen und das Ganze ins Positive wenden. Und das beginnt bei einem fairen Kakaoanbau zum Beispiel, geht über ein Rezept, was natürlich und bio ist, und ganz am Ende eben keine Plastikverschmutzung für unsere Umwelt. Und wenn man das alles zusammenaddiert, dann finden wir das positiv. Und es hat auch durch den gepflanzten Baum, den Sie ja schon angesprochen haben, für uns sogar einen netto positiven Effekt auf unseren Planeten. Und, ja, dafür kämpfen wir.

Ja, Sie sind drei junge Studenten gewesen und Sie wollten dann lieber Chocolatiers werden als Ingenieure. Was die Motivation für Ihre Gründung war, das verraten Sie mir gleich. Zunächst stellen wir the nu company und ihre Produkte aber kurz vor.

Mit jedem Kauf Gutes tun – für sich und für den Planeten. Das ist das Ziel von Christian Fenner, Mathias Tholey und Thomas Stoffels. Die drei angehenden Ingenieure wollten statt zuckersüßer Snacks in der Uni-Bibliothek lieber Schokoriegel aus der WG-Küche naschen. Gesund und vegan mit Hanfsamen, Nüssen und Bio-Schokolade. Schon ein Jahr nach den ersten Versuchen entstand in Dresden die erste Manufaktur. Rasch wurden ihre Produkte mit dem Namen „nucao“ in Bioläden gelistet. Die Produktion übernimmt ein Dienstleister. Die Firma heißt nun „the nu company“. Mit 17 Prozent Zucker ist in nucao-Riegeln weit weniger Zucker als in konventioneller Schokolade. Kakao, Hanfsamen und Nüsse kommen aus Südamerika, China und Afrika. Produziert wird in Deutschland. Mit plastikfreier Verpackung aus kompostierbarer Bio-Zellulose. Um CO2 zu kompensieren, unterstützt the nu company Wald- und Wasserschutzprojekte. Für jedes verkaufte Produkt wird ein Baum gepflanzt. Ziel bis 2030: eine Milliarde Bäume!

Wie viele Bäume haben Sie denn schon gepflanzt, Herr Fenner?

Wir stehen gerade bei knapp über 11 Millionen Bäumen.

Respekt! Das machen Sie aber nicht alleine, oder? Sie haben da einen Partner?

Genau! Wir pflanzen zusammen mit Eden Reforestation Projects. Das ist eine globale Aufforstungsorganisation, die in vielen Ländern agiert. Wir sind fast schon mit denen zusammengewachsen und sie ist auch jetzt einer der Haupt-Spendenpartner, muss man sagen. Und da sind wir gerade bei Projekten involviert in Madagaskar, in Mosambik und in Nepal. Das sind vorwiegend Mangroven-Projekte, also in Mosambik und Madagaskar. Die haben wir uns auch ganz bewusst ausgesucht, weil so eine Mangrove relativ einfach zu pflanzen ist. Man steckt einfach so einen Setzling in den feuchten Boden. Das war’s – deutlich einfacher als jetzt in einem deutschen Wald! Und sie wachsen sehr schnell und binden sehr viel CO2. Und das war für uns aus Effizienzgedanken heraus, für den Klimaschutz, ein Superprojekt. In Nepal sind es jetzt auch schon Mischwälder, die dort gepflanzt werden. Also es kommt so ein bisschen auf das Projektland an.

Ja, vielleicht nochmal zurück auf Anfang. Sie und Ihre beiden Mitgründer haben ja alle zunächst eine Karriere als Wirtschaftsingenieure angestrebt. Sie waren allerdings schon während Ihrer Pflichtpraktika desillusioniert, das schreiben Sie zumindest auf Ihrer Website. Hat man die Sinnkrise nicht für gewöhnlich ein, zwei Jahrzehnte später?

Ja, das haben wahrscheinlich viele. Ich bin, ich muss sagen, ich bin relativ dankbar, dass sie früher kam. Ich weiß nicht, ob das sinnbildlich ist für unsere Generation, die aus dem Studium [kommt], aber aufgeladen [ist] mit, ja, mit den Werten, aber auch mit den vielen Informationen, die einfach in unserem, ich sag mal, digitalen Zeitalter schon auf uns einprasseln. Hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass man sich früher beschäftigt: Wie möchte man seine Zeit verbringen, wie viel Sinn soll da drinstecken? Und ich saß dann eben im Büro von einem Großkonzern, habe gegen die Excel-Tabelle gestarrt und habe mich gefragt: Ist das wirklich das? Will ich wirklich jetzt diese Zeit gegen Geld tauschen und dann den Spaß erst nach Feierabend haben? Oder kann ich nicht was tun, was mich erfüllt? Und ja, tatsächlich, es war wirklich eine kleine Sinnkrise mit Mitte zwanzig. Und die hat uns tatsächlich alle zu dieser Gründung geführt.

Also Ihren Mitgründern ging es da ganz ähnlich wie Ihnen?

Ja. Die hatten eine ähnliche Geschichte. Das stimmt!

Und war die Gründung Ihres Start-ups da eine Art Ausweg aus der Sinnkrise?

Absolut. Also es hat sich diese Möglichkeit eröffnet. Die Geschäftsidee war da. Und ich habe dann schon gemerkt – ich war noch in einem Praktikum –, dass ein Feuer angeht in mir drin. Und wir haben dann den Businessplan geschrieben, da war das noch ein kleines Projekt, was man macht. Das Gründungszentrum von der Uni Aachen hat uns unterstützt, hat uns ein bisschen gepusht, dass wir uns für Stipendien bewerben. Und dann irgendwann wurde das Bild so klar, dass wir gesagt haben: Ja, das ist tatsächlich also auch persönlich der Ausweg, aber auch tatsächlich die Möglichkeit, einer Leidenschaft zu folgen.

Ja, um diese Leidenschaft soll es jetzt auch gleich gehen. Eine Frage noch zuvor. Sie beteiligen sich ja auch an der Initiative „Startups for Tomorrow“, eine Art, ich nenne es jetzt mal „Nachhaltigkeitsverein“ für Start-ups. Was war dafür ausschlaggebend?

Ja, wir haben das tatsächlich mitinitiiert, also zusammen mit den everdrop Gründern. Die machen nachhaltige Reinigungs- und Putzmittel. Wir haben telefoniert und gemerkt, es gibt so viele Ansätze, wo man sich austauschen kann, wo wir gemeinsam als natürlich erst mal junge Start-ups, aber auch im Bereich Nachhaltigkeit so ein bisschen die gleichen Kämpfe in verschiedenen Branchen kämpfen, sei es jetzt der Vertrieb online/offline, sei es die Produktentwicklung, sei es der Organisationsaufbau. Und dann dachten wir uns, also einmal brauchen wir intern zwischen den Start-ups mehr Austausch, und wir können extern so eine Art „Lobby des Guten“ aufbauen und eine gemeinsame Stimme haben, die lauter ist, um so Themen wie Plastikverschmutzung, Klimawandel, unfaire Löhne und Co. noch lauter zu platzieren mit eben jetzt zehn Stimmen statt nur einer.

Warum jetzt „nucao“? Warum Schokoriegel beziehungsweise später dann ja auch Proteinshakes, Proteinriegel und Brotaufstriche? Warum nicht einfach gleich Bäume pflanzen?

Na ja, also wir hatten jetzt noch nicht das Bargeld, was wir brauchen, um einfach Bäume zu pflanzen. Aber der Punkt, den Sie ansprechen, der ist natürlich völlig valide. Letztendlich bauen wir einen Mechanismus, um Spenden zu generieren, die wiederum in Aufforstungsprojekte reinfließen. Allerdings tun wir mehr als das – wir haben ja nicht nur den Baumpflanzaspekt, sondern generell probieren wir ein ganzheitlich nachhaltiges Produkt anzubieten, und damit, na ja, triggert man auch so eine Art gesellschaftliche Diskussion. Man ist eben eine Marke, die das probiert anders zu machen. Und man schafft es glaube ich, Nachhaltigkeit nach und nach mehr in den Mainstream zu bringen, in die Diskussion am Abendessenstisch sozusagen. Und letztendlich ist es sowohl, sag ich mal, ein Kommunikationsmittel; und so ein banales Produkt wie ein Schokoriegel kann dazu führen, dass man sich vielleicht Gedanken macht, wie man konsumiert. Auf der anderen Seite, es ist wirklich ein Spendenmotor. Ja, wir haben jetzt schon über eine Million Spenden generiert. Das hätten wir mit unserem Studentengeldbeutel niemals geschafft.

Es muss ja auch eine gewisse private Leidenschaft für Schokoriegel oder Schokolade allgemein geben. Also warum haben Sie sich genau diese Schokoriegel ausgesucht, als Sie begonnen haben?

Ja, das war die Geschichte meines Mitgründers. Wir hatten uns umgesehen. Wir haben die Masterarbeit geschrieben. Man sieht süße, zuckrige Snacks, in Plastik verpackt, in den Automaten liegen, will eigentlich Energie, aber nicht danach direkt wieder ins Loch fallen. Und mein Mitgründer Mathias hatte tatsächlich von seiner damaligen Freundin einen Schokoladen-selbstmach-Set geschenkt bekommen und hat dann gesagt, da lasse ich doch den Zucker einfach mal raus und mach Hanfsamen, Nüsse und Co. rein. Und diese Klumpen hat er dann mitgenommen in die Bibliothek. Und so war die Idee entstanden, eher durch einen gewissen Zufall und über das Produkt selbst, zu sagen: Wir brauchen gesündere, nachhaltigere Snacks. Und alles andere kam dann später.

Nachhaltigkeit, fairer Handel, ein klimafreundliches Produkt und auch ein soziales Produkt, jedenfalls in Bezug auf Anbaumethoden, bis hin über die Lieferketten hinweg und zum Vertrieb in plastikfreier Verpackung – das ist ja alles von Anfang an Ihr Ziel gewesen. Und doch, ich würde mal sagen, eine richtige Hürde. Warum gleich so viele Hürden auf einmal?

Ich glaube, wir haben uns genau dadurch absetzen wollen, dass wir uns trauen, viele Hürden auf einmal zu nehmen. Das ist im Prinzip unsere USP. Es gibt in jedem Bereich einzelne Produkte, die das schon machen. Es gibt die faire Schokolade, die in Plastik verpackt ist. Es gibt aber auch die plastikfreie Schokolade, die unfairen Kakao bezieht – also als Extrembeispiel. Das heißt, wir haben uns tatsächlich den Markt angeschaut und gesagt: Gerade weil wir uns trauen, in alle Richtungen zu schauen entlang der Wertschöpfungskette, setzen wir uns ab. Aber Sie haben völlig recht. Das ist natürlich, dazu kommen wir auch gleich, eine Riesenherausforderung und schlägt sich auch im Preis natürlich nieder, vor allem am Anfang. Am Anfang hat unser Schokoriegel 2,99 Euro gekostet. Das war ein absolutes Nischenprodukt im Biohandel. Und nach und nach konnten wir jetzt den Preis auch ein bisschen senken durch die Skalierungseffekte.

Dann sehen wir uns doch diese Schwierigkeiten gleich noch mal an. Wo lagen die Schwierigkeiten, diese Nachhaltigkeit stringent durchzuziehen? Und wie haben Sie es dann am Ende geschafft?

Also man kann sich ja die verschiedenen Aspekte so eines Produkts anschauen. Und natürlich war die erste große Hürde: Wo kriegen wir jetzt den Kakao her – aus einer Quelle, die wir für vertrauenswürdig halten? Das war schon schwierig, weil wir natürlich auf die deutschen Messen gegangen sind. Aber man, ja … es ist dann Shaking Hands, aber man weiß oft nicht, kann man da wirklich vertrauen. Das heißt, wir haben uns ein Flugticket nach Bali gekauft von unserem Ersparten und haben tatsächlich vor Ort dann Plantagen besucht und eine Beziehung mit diesem Kakao-Lieferanten, mit dieser Kooperative, aufgebaut. Das war allein schon erst mal ein Abenteuer für uns, ganz am Anfang ohne Produkt nach Bali zu fliegen. Dann das Thema Verpackung war ein riesiges. Man muss sich vorstellen, Verpackungsmaschinen laufen mit Plastikverpackungen. Das tun sie seit Jahrzehnten. Und jetzt kommen wir und sagen: Ja, das muss ja auch mit dieser neuen Folie, die sich auf dem Kompost zersetzt, auch funktionieren. Tut es aber nicht unbedingt. Das heißt, wir haben uns am Anfang von einem Großteil des Kapitals, das wir hatten, eine eigene Verpackungsmaschine gekauft und haben dann probiert, die einzustellen auf plastikfreie Folien. Das lief erst mal einfach nur schief. Wir hatten unzählige, Hunderte von Riegeln, die aufgingen, die immer wieder aufplatzten. Also das war eine riesige Herausforderung. Und das Thema Produktion habe ich eigentlich ganz vergessen. Das ist ja das Wichtigste von allen. Wir wollten natürlich einen Produzenten für Schokoladenriegel finden, weil wir das eigentlich nicht selbst aufbauen wollten. Das ist jetzt vielleicht weniger auf die Nachhaltigkeit bezogen. Aber generell glaubt einem niemand, dass man einen Schokoriegel neu erfinden möchte, geschweige denn, dass dafür Platz im Regal ist. Das heißt, wir haben Absagen kassiert im kompletten deutschsprachigen Raum und haben uns dann tatsächlich entschieden, eine eigene Manufaktur aufzubauen. Und das hat auch natürlich viele Herausforderungen mit sich gebracht, da ein marktfähiges und auch rechtlich geprüftes Produkt in das Regal zu stellen.

Ich wollte noch einmal kurz zurück auf den Nachhaltigkeitsfaktor. Ihr Kakao, ich dachte, der kommt aus Peru?

Das ist richtig. Am Anfang waren wir auf Bali, haben da unseren Kakao bezogen. Das ist eine kleine Ironie der Geschichte: Durch starke Regenfälle über Jahre – El Niño, was eine klare Folge des Klimawandels ist – ist der Kakaoanbau in Bali so nicht mehr möglich. Das heißt, wir mussten den Produzenten wechseln, weil die Liefersicherheit nicht mehr gegeben war, und haben uns dann in Peru eine Kooperative gesucht. Die konnten wir jetzt durch Corona noch nicht besuchen. Der erste Kakao in dem ersten Jahr kam aus Bali.

Aber Kakao aus Peru, Nüsse aus Afrika, die Hanfsamen kommen aus China – eigentlich kommt da ja ein ganz ordentlicher CO2-Abdruck zustande. Wie wollen Sie den reduzieren? Oder wie kompensieren Sie den?

Das ist richtig. Also wir haben kein lokales Produkt. Im Gegenteil! Ohne das zu klein reden zu wollen, muss man aber sagen, dass der Transport nur fünf Prozent ungefähr – also wir haben da eine offizielle Auswertung von Climate Partner zum Beispiel –, nur fünf Prozent des CO2-Fußabdrucks ausmacht. Was viel entscheidender ist, ist die Landwirtschaft, das heißt, was für Ressourcen fließen in das Produkt, um letztendlich die Frucht oder was es auch immer ist, dann letztendlich wachsen zu lassen. Das heißt, da hat man per se eigentlich eher den größeren Hebel, zum Beispiel auf vegane Zutaten zu gehen, weil eine Kakaobutter letztendlich einen niedrigeren Abdruck hat als zum Beispiel Milchpulver. Alles, was tierisch ist, hat einfach noch mal diesen großen weiteren CO2-Abdruck. Trotzdem wollen wir alles kompensieren. Und dafür sind unsere Aufforstungsprojekte da. Das heißt, das ist dieses Eins-plus-eins-Projekt, für jedes verkaufte Produkt pflanzen wir einen Baum und haben dort pro Jahr jetzt bei einer Mangrove 25 Kilogramm CO2, die die aus der Luft zieht. Und das ist deutlich mehr als die 400 Gramm CO2, die jetzt ein Riegel zum Beispiel entlang seiner ganzen Reise ausstößt.

Sie haben anfangs selber verpackt, eben weil Sie den Anspruch hatten, auch die Verpackung auf ich glaube Zellulosebasis möglichst klimaneutral hinzubekommen. Jetzt müssen Bio-Schokoriegel wie alle Lebensmittelprodukte ja hygienisch einwandfrei auch verpackt werden. Gab es da Schwierigkeiten?

Genau, also gerade beim Thema Verpackung gab’s einige Fails, erst mal am Anfang die eigene Maschine einzurichten in der eigenen Manufaktur. Da sind uns viele, viele Kilo Folie, glaube ich, dann … mussten im Mülleimer landen, weil es nicht funktioniert hat. Aber der richtig große GAU war dann tatsächlich zwei, drei Jahre später. Da haben wir nämlich noch mal eine Verpackungsumstellung gemacht auf die Verpackung, die man heute kennt von den nucao-Riegeln. Und wir hatten ein neues Design. Es war alles picobello ausdesignt. Wir waren ready für einen Relaunch. Ich weiß noch, ich stand auf der Biofach-Messe und habe die neue Verpackung einem Key Account gezeigt, einem Händler, und er nahm es in die Hand und drückte auf der einen Seite gegen die Naht, hat sich das angeschaut, und auf einmal sprang diese Naht dieses Riegels auf auf der einen Seite. Und das Staunen war groß, unser ganzer Stand kam in Aufruhr. Und ja, was tatsächlich passiert war, ist, dass wir … hunderttausend Riegel wurden nicht ausreichend gesiegelt. Das ist eine Folge davon, dass dieses Material eben so neu ist und dass es an den beiden Enden nicht genug zusammenschmilzt sozusagen. Und dann mussten tatsächlich von Hand alle wieder ausgepackt werden. Wir mussten das Material noch einmal ändern und dann alle noch mal einpacken. Ja, Riesen-Kostenaufwand für uns! Das hat den Launch verschoben und zeigt dann noch mal, dass es schon einen hohen Preis hat, auch in Sachen Nachhaltigkeit zu probieren, innovativ zu sein und einen Schritt voraus zu sein.

Gab es denn noch mehr produktionstechnische Fails? Und wie sind Sie damit gegenüber Handel und Endkunden umgegangen?

Ja, ich glaube, das gehört zum Tagesgeschäft fast schon. Mir fallen da gerade mindestens zwei Sachen ein. Also einmal haben wir letztes Jahr das erste Mal uns an das Thema Hohlfiguren rangetraut, also das heißt Osterhasen, und waren da ganz euphorisch, haben einen Formenhersteller gefunden und haben unseren süßen Hasen ausgeschickt. Das war eine Limited Edition an unsere Online-Kunden. Und das wurde richtig gefeiert online. Ja, und zwei Tage später kamen die ersten Rückmeldungen. Der süße Hase ist komplett zerbrochen angekommen; und das war in der Hinsicht ein großes Problem, weil es nicht an der Verpackung unbedingt lag, sondern der Hase selbst hatte zu dünne Schokowände und war so gebaut, dass er leicht bricht. So was weiß man einfach vorher oft nicht, vor allem, wenn man so was das erste Mal macht. Das war superärgerlich! Wir haben dann – und das ist vielleicht auch der Umgang mit dieser Geschichte – superschnell und transparent allen geschrieben, die das bestellt haben, gefragt, ob er heil angekommen ist, und wenn nicht mit einer Entschädigung sozusagen, mit einem Wertgutschein für unseren Online-Shop, direkt das probiert wiedergutzumachen und vor allem ehrlich erklärt, was passiert ist. Und wir haben dann natürlich für den Pinguin, der dann im Winter kam – die gleiche, also eine ähnliche Figur – direkt natürlich alles angepasst, dickere Wände, andere Formen. Und das ist zum Glück jetzt an Weihnachten, in der Weihnachtszeit, nicht mehr passiert. Aber ja, das sind so Beispiele, wo man glaube ich sehr direkt und transparent kommunizieren sollte. Ein anderer Fail – das ist vielleicht eher so produktseitig, nicht nur Produktion – war unser Adventskalender. Wir haben den im Sommer bei 30 Grad konzipiert. Vielleicht waren wir auch deshalb ein bisschen nicht ganz bei der Sache, nicht ganz konzentriert. Wir haben das Pricing sehr hoch angesetzt, haben die einzelnen Produkte aufsummiert, noch einen Aufschlag draufgemacht und gedacht, das passt schon. Ja, unterschätze niemals deinen Kunden! Der denkt nämlich mit. Und dann kam relativ schnell die Kritik: „Hey, wir haben hier mal zusammengerechnet, was da drin. Das ist ein Warenwert, das passt nicht ganz mit dem Preis. Ich fühle mich ein bisschen veräppelt!“ Und dann haben wir uns hingesetzt und mussten uns in die Augen schauen und sagen: Ja, also wir wollten hier niemanden ausnehmen, aber das war wirklich einfach naiv kalkuliert. Ein Riesen-, Riesenfehler! Und dann habe ich mich hingesetzt und eine persönliche Mail geschrieben – es waren zum Glück erst ein paar Hundert raus – und habe wirklich auch in meinem Namen eine Mail geschickt an alle, die schon einen hatten, gesagt, dass wir den Preis senken werden, dass sie eine Gutschrift bekommen. Und was dann passiert ist, ist echt schön, muss ich sagen. Es kamen eigentlich positive Antworten zurück. Es kam Verständnis und vor allem Dankbarkeit für die Ehrlichkeit, aber auch für die Wiedergutmachung und eine Hervorhebung, dass die Menschen das oft nicht kennen, dass Unternehmen so transparent und ehrlich kommunizieren. Und somit haben wir es glaube ich noch ganz gut umgedreht. Und ja, haben dann letztendlich die restlichen billiger verkauft.

Okay, also die Endkunden sind das eine. Das andere ist natürlich die große Konkurrenz aus der Lebensmittelindustrie. Wie konnten Sie denn angesichts dieser Konkurrenz im Einzelhandel Fuß fassen?

Das kommt auf den Kanal an. Also wir sind halt im Biohandel gestartet. Ich glaube, da ist unser wertegetriebenes Wirtschaften auf sehr fruchtbaren Boden gefallen. Und da wurden wir auch relativ schnell Stück für Stück als Tests sozusagen eingelistet. Aber die Herausforderung ist auch jetzt noch da, absolut, im Lebensmitteleinzelhandel. Da wird man schon ein bisschen kritisch beäugt als neuer kleiner Player. Erstens ist natürlich kein Platz im Schokoregal. Zweitens denken sie: Jetzt nicht der nächste Riegel! Und diese Vielzahl an Einzigartigkeiten, an USPs, die wir haben, stoßen auf mehr Resonanz bei Einkäufern, die natürlich bio-affin sind, als jetzt beim Einkäufer von konventioneller Schokolade. Und deswegen kämpfen wir da. Und was auch sehr schwer ist, ist tatsächlich – ich glaube in Deutschland sehr speziell – dieser dezentrale deutsche Handel. Man muss sich wirklich durchkämpfen von Laden zu Laden, von Region zu Region, und den haben wir bisher immer noch nicht ganz durchdrungen. Also es ist wirklich ein sehr steiniger Weg. Viele Absagen, viele Märkte funktionieren dann nicht. Der Außendienst muss wirklich täglich mit mehr Neins als Jas sozusagen nach Hause fahren. Und da sind wir immer noch in einem Kampf.

Aber so erfolglos sind Sie ja nicht gewesen. Sie haben klein angefangen, das stimmt, sind aber dann doch relativ schnell gewachsen. Was waren die ersten Schritte? Und wann, würden Sie sagen, kam dann der Durchbruch?

Wir sind gut gestartet, indem wir uns erst einmal einen Vertriebsweg ausgesucht haben, den Biohandel. Der Durchbruch war tatsächlich, in der Drogerie breit gelistet zu werden, weil das uns einen Kunden eröffnet, der bio-affin ist sozusagen und trotzdem einkauft wie ein kommerzieller Kunde. Das heißt, es gibt halt überall die dms, Rossmanns und wie sie heißen, an jeder Ecke. Und als wir da dann lagen, das war für uns ein riesiger Durchbruch. Und wir haben das begleitet mit einer lauten Kampagne, die tatsächlich auch viele Großkonzerne so ein bisschen gepiekst hat und auch auf Missstände, die wir schon besprochen haben, hingewiesen hat, dass wir so nicht weiter wirtschaften können. Und ja, wir sind dann halt das kleine Beispiel am Schokoriegel. Aber wir stehen ja für eine ganz neue, wertegetriebene Wirtschaft. Und das haben wir zum Ausdruck gebracht. Das war in der Hinsicht auch der mediale Durchbruch. Wir sind stark gewachsen auf den sozialen Kanälen, hatten viel PR, und seitdem kennt uns glaube ich so ein bisschen die Branche auch. Wir haben eine gute Basis, auf die wir aufbauen können.

Und war es schwierig, an diesen Punkt zu kommen? Wie lange hatte das ungefähr gedauert?

Also es ist ein Prozess. Ich denke, wir hatten nicht den einen Durchbruch, auch wenn natürlich die Listung und die Kampagne, würde ich sagen, so der Turning Point waren. Aber bis dahin, würde ich sagen, hat es definitiv zwei, zweieinhalb Jahre gedauert. Und die Hürde, die dauerhafte Hürde ist eigentlich tatsächlich das Finanzielle. Also, wir mussten am Anfang uns erst mal kein Gehalt auszahlen. Also haben das die ersten zwei Jahre gemacht, um wirklich über die Runden zu kommen. Jeden Monat guckt man auf den Kontostand und weiß nicht: Ui, wie lange hält das noch? Wir wollten aber auch am Anfang noch keine Investoren. Wir wollten das selbst machen – „Bootstrappen“ nennt sich das ja –, um erst mal unabhängig zu bleiben und auch für uns erst mal den Weg zu finden. Also, wir sind da schon agil losgestartet, und man sieht ja, wenn man sich das Produkt heute anschaut, das ist ein ganz anderes. Und das wollten wir uns irgendwie bewahren, diese Freiheit, die unternehmerische Freiheit. Dann haben wir das EXIST-Stipendium bekommen. Das hat uns ein knappes Jahr so ein bisschen über die Runden geholfen. Das EXIST-Stipendium ist ein Stipendium vom Bundeswirtschaftsministerium für neue Gründer vorwiegend aus dem Tech-IT-Bereich. Wir waren glaube ich die Ersten, die da auch mit Food um die Ecke kamen. Das gibt einem Gründer ein Jahr lang sozusagen als Stipendiat ein monatliches Gehalt, und es gibt gewisse Coachings und zusätzlich noch eine Investitionssumme von ungefähr 30.000 Euro, die man zusätzlich investieren kann. Das heißt, man kann als Gründer erst mal atmen; gerade wenn man vielleicht aus dem Job kommt und hat noch vielleicht eine Familie oder sich selbst zu ernähren, dann hat man erst einmal eine Grundlage und kann dann in einem Jahr das Geschäftsmodell aufbauen und dann auch erst gründen. Also das haben wir praktisch vor der offiziellen Gründung gemacht. Dann haben wir uns natürlich mit Bankkrediten über Wasser gehalten. Wir hatten auch ein KfW-Darlehen sehr, sehr günstig erhalten, was uns wirklich geholfen hat. Und das war im Prinzip die schwierigste Phase, da uns über Wasser zu halten. Zwei Crowdfunding-Kampagnen haben wir auch noch gemacht, um uns bis zur ersten Investitionsrunde durchzuschlagen. Das hat viele Nerven und schlaflose Nächte gekostet.

War es schwierig, an diese Stipendien und Förderungen zu kommen? Oder ging das einigermaßen glatt?

Wie die Natur dieser Show ja auch schon zeigt, war es schwierig. Wir hatten beim Stipendium zum Beispiel erst mal eine Absage. Drei Gründer mit Wirtschaftsingenieurs-Background wollen einen Schokoriegel machen – das hat nicht so gezogen. Das heißt, ich musste raus aus der Gruppe, ich war der Einzige mit einem Bachelor. Und wir haben uns dann einen Lebensmittelchemiker ins Boot geholt, den wir sowieso brauchten für den Aufbau der eigenen Manufaktur. Und so hat es dann funktioniert. Das heißt, das war unser erstes Teammitglied dann auch für die ersten Jahre. Und er kam tatsächlich durch das Stipendium relativ früh zu uns. Das hat insgesamt Monate gedauert. Wir hatten diesen ich glaube 50-seitigen Businessplan immer wieder anzupassen und zu schreiben. Dann, Crowdfunding-Kampagnen sind mit unfassbarem Aufwand verknüpft, das wirklich gut zu machen. Also wir hatten zwei auf Startnext, die uns ein bisschen Kapital gebracht haben. Und bei uns war ein Gründer, muss man schon sagen, der Thomas, fast nonstop damit beschäftigt, das Kapital ranzuholen. Also das ist schon nicht zu unterschätzen. Also, wenn man mit dem Geld nicht einfach vom Investor zugeschüttet wird, da hat man auch viel Zeit zu investieren in die Beschaffung.

Warum haben Sie so spät erst Investoren an Bord geholt? Mussten diese Ihre Wertvorstellungen von nachhaltig, klimafreundlich und sozial teilen?

Absolut. Also man muss auch dazu sagen, wir sind drei Gründer von der Uni. Wir haben Wirtschaftsingenieurwesen studiert und sind jetzt nicht die absoluten Profis in Gründungen. Wir waren wirklich grün hinter den Ohren am Anfang. Also wir hätten auch gar nicht gewusst, wie man überhaupt Investoren anspricht, überzeugt, geschweige denn, wie so dieses ganze Venture-Capital-Spiel überhaupt funktioniert. Das muss man auch sagen. Vielleicht hätten wir das jetzt mit dem Wissen auch anders gemacht. Aber man geht seinen Weg. Und da waren Investoren erst mal wirklich Tabu. Also komplett unabhängig bleiben finde ich auch immer noch einen guten Wert tatsächlich, und auch durch die Nachhaltigkeit wirklich seine eigenen Werte durchziehen, ohne dass da jemand die ganze Zeit nur auf die wirtschaftlichen Zahlen schaut. Und tatsächlich haben wir dann irgendwann gemerkt: Okay, wir haben hier einen Proof of Concept, wir sind am Markt in gewissem Maße etabliert. Jetzt haben wir eigentlich einen Hebel in der Hand, auch für die Nachhaltigkeit, den wir umlegen können. Bedeutet natürlich Wachstum, bedeutet noch mehr Distribution, mehr Produkte. Also wir hätten einfach stagnieren müssen, um das finanziell auch vom Working Capital zu halten. Und dann sind wir in der klassischen Situation: Also entweder man wächst deutlich langsamer und konsolidiert ein bisschen oder man sagt, man holt externes Kapital rein. Und das war dann der andere Gründer, Mathias, der bei uns das Fundraising an sich gezogen hat. Und auch da vielleicht interessant: Also bestimmt ein halbes Jahr hat Mathias nichts anderes gemacht. Er war raus aus dem operativen Geschäft. Das sind krasse Kosten, wenn man sich überlegt, ein Gründer arbeitet eigentlich nicht am Geschäft selbst. Er hat sich das Netzwerk an Investoren aufgebaut und dann natürlich geguckt: Wo sind die Wertevorstellungen? Haben die eine ausreichende Schnittmenge? Wer möchte in uns investieren, weil er an die Mission, an die Idee glaubt und nicht nur – natürlich muss das auch kommen, aber nicht nur – an den wirtschaftlichen Output. Und da sind wir jetzt echt superhappy mit denen, die wir gefunden haben. Aber das hat das Ganze natürlich herausgezögert, keine Frage.

Und was planen Sie jetzt mit diesen Investorengeldern? Weiteres Wachstum oder vielleicht die Erschließung von internationalen Märkten?

Also wir haben immer noch unseren klaren Fokus auf den deutschen Markt. Da ist noch, wie ich auch angedeutet habe, im deutschen Handel noch Platz für uns, würde ich sagen. Da ist aber auch nicht nur Platz für die Riegel, sondern wir möchten auch andere Sortimente ausprobieren und da voranschreiten. Wir gehen auch in andere Schokoladenformate. Das saisonale Geschäft ist noch ein Riesenthema, und ich glaube, da haben wir noch viel zu tun und brauchen Kapital. Also Überschrift „neue Produkte“. Und die andere ist tatsächlich „Internationalisierung“. Das heißt, wir sind vor allem jetzt in England, in UK, historisch schon ganz gut gewachsen in den letzten Jahren, haben da jetzt unsere ersten auch externen Mitarbeiter, so einen Country Manager, und wollen da investieren, weil da auch der Snacking- und Schokoladenmarkt deutlich progressiver ist, so ein bisschen an die USA angelehnt, als hier. Und da sehen wir einfach eine große Chance.

Ich wollte noch einmal auf Ihr Gründerteam zu sprechen kommen. Wie hat denn Ihr Umfeld reagiert, als Sie Ihre Karrieren als Wirtschaftsingenieure ja nicht einmal beginnen wollten?

Also das familiäre Umfeld, muss ich sagen, da bin ich auch sehr dankbar für, war immer sehr unterstützend. Aber ich weiß, dass zum Beispiel mein damaliger Chef, in dem … – es war zwar nur ein Praktikum, aber ich habe ihm das eröffnet, weil es auch im Gespräch war, dass ich bleibe – und er hat nur den Kopf geschüttelt und gesagt: „Also wenn du irgendwelche Absatzzahlen hast in drei Jahren, dann schick mal vorbei, aber ich glaube nicht dran!“ Ich habe sie ihm bis heute noch nicht geschickt, aber auf den Tag freue ich mich! Und tatsächlich, auch bei meinen Mitgründern, die Professoren, die dann teilweise auch … bei einem von denen sollte es eine Doktorarbeit sein in Elektrowissenschaften, und der hat wirklich einfach nur den Kopf geschüttelt. Aber wir haben wirklich fest daran geglaubt und haben es einfach trotzdem gemacht.

Haben Sie denn irgendwann mal auch gezögert oder Ängste gehabt, wenn man so einfach aus dem Studium ohne Erfahrung in der Lebensmittelbranche so ein Projekt startet?

Also ganz ehrliche Antwort ist, glaube ich, dass das eher mit der Zeit noch mehr wird. Wenn man mit 25, war ich, dieses Projekt startet – ich wusste ja gar nicht, was ich da eigentlich vor mir habe. Das war jetzt nicht der Plan, dass ich fünf Jahre später mit hundert Mitarbeitern im Büro sitze. Selbst ein Büro war damals schon eine Vorstellung, die ich gar nicht greifen konnte, sondern wir haben das irgendwie von zu Hause gemacht. Das heißt, ich glaube, am Anfang mit dieser gewissen Naivität hatte ich keine Zweifel. Es gab den Moment, als ich mein Masterstudium absagen musste dafür, da habe ich wirklich gedacht: Okay, jetzt ist also hier eine Weichenstellung für mein Leben. Und natürlich hatte ich da ein bisschen Bauchgrummeln; denke ich auch heute noch oft darüber nach. Aber ich wollte was studieren, um letztendlich auch zu gründen, und dachte: Warum dann nicht sofort? Und ich glaube, die Ängste, der Respekt, die Verantwortung, die nimmt eigentlich jetzt eher zu, weil wir auf einmal … natürlich, wir haben Mitarbeiter mit Familien, da sind viele Schicksale, hängen da dran, und unsere strategischen Entscheidungen haben einfach immer mehr Gewicht. Und das nimmt man dann schon mal mit auch ins Bett und grübelt. Und ich habe das Gefühl, dass ist das Los eines jeden Unternehmers und auch eine große Lernkurve, die wir jetzt da gehen dürfen, diesen Respekt, diese Ängste auch zu durchleben und dann auch damit umgehen zu können.

Haben Sie denn als Gründerteam harmoniert beziehungsweise sich vielleicht auch in Ihren Stärken und Persönlichkeiten ergänzt? Oder gab es da Konflikte?

Wir prägen eigentlich ein sehr konfliktreiches Miteinander, aber eigentlich in einem sehr harmonischen Verhältnis. Das heißt, wir sagen: Konflikt gehört dazu. Wir schlagen uns regelmäßig die Köpfe ein, aber gehen dann geschlossen aus der Tür raus und finden, Konflikt hilft für Wachstum, ganz klar. Wir sind sehr verschieden. Also, wir haben Thomas, einen sehr analytischen [Kopf]. Wir haben mit Mathias einen, der wirklich Visionär ist, der voranrennt. Und ich bin so ein bisschen dazwischen und der Kommunikator, der das Team zusammenhält und auch uns drei. Und das ist natürlich eine brisante Kombination. Das heißt, wir sind zwar von der Ausbildung her gleich, aber charakterlich sehr verschieden. Und ich glaube, das ist auch ein Grund, warum es bisher gut funktioniert hat. Wir sind einfach Fans davon, Feedback direkt zu geben, Konflikte direkt einzugehen. Und es muss halt manchmal wehtun, damit man dann wächst.

Sie haben ja dann auch aufgrund dieses von Ihnen erwähnten Wachstums schon sehr früh Mitarbeitende eingestellt. Hatten Sie da immer ein glückliches Händchen?

Also wenn Sie jemanden kennen, der das immer hat als Unternehmer, dann würde ich mich freuen, diese Person kennenzulernen. Also nein, das ist kaum möglich. Und auch natürlich muss man lernen, welche Menschen passen zum Team, auch vor allem kulturell. Ich meine, man kennt den Spruch vielleicht: „Culture eats strategy for breakfast“. Das merken wir auch. Interessant wird es, wenn man die Kultur aufbaut, dass Leute, die vielleicht nicht so passen, dass es teilweise vom Team selbst dann auch so ein bisschen Signale gibt, dass das nicht passt. Das ist ein Zeichen einer guten Kultur. Und auch fachlich muss man natürlich sagen: Wir waren selbst oder sind selbst juniorig, unerfahren per se, weil wir einfach aus dem Studium kommen. Was macht eine juniorige Person am Anfang? Sie stellt noch juniorigere Personen ein. Das haben wir auch gemacht, diesen Fehler. Ich weiß nicht, ob ich es einen Fehler nennen würde, aber wir hätten auch damals natürlich aus der Position … Stellen Sie sich vor, drei Studienabgänger suchen jetzt einen CMO mit zehn Jahren, 15 Jahren Erfahrung – das geht auch nicht. Das heißt, man muss sich seinen eigenen Ruf ja auch erst mal aufbauen, um dann erfahrenere Mitarbeiter einzustellen. An dem Punkt sind wir jetzt. Natürlich merkt man: Hui, wir haben teilweise in Bereichen echt noch unerfahrenere Leute. Das Coole ist natürlich, dass die sich auch sehr schnell entwickeln können und hier eine große Freiheit genießen. Aber klar, wenn man sich jetzt unsere Stellenausschreibungen anschaut, sind das eigentlich nur noch oder fast nur noch erfahrene Leute, die uns gerade bei den Vorhaben, die ich gerade eben beschrieben habe, auch unterstützen sollen. Und da nehme ich uns Gründer auch nicht raus, dass wir nicht mehr das gleiche Unternehmen führen wie noch vor einem oder zwei Jahren. Es verdoppelt sich einfach regelmäßig. Und da muss man auch selbst überlegen: Wo tritt man einen Schritt zurück und lässt eine neue Person angreifen, die von außerhalb mehr einbringt?

Heute sind Sie ja über hundert Angestellte bei the nu company. Sie haben das schnelle Wachstum erwähnt. Wie hat sich das ausgewirkt auf Recruiting, Workflow und Arbeitsprozesse?

Ja, das bringt so eine Organisation auf jeden Fall zum Knarzen und Wanken und löst auch durchaus Schmerz aus, auf jeden Fall. Man muss sich vorstellen: Wir sind jetzt letztes Jahr 100 Prozent und davor dreimal hintereinander 200 Prozent gewachsen. Das heißt, wie ich gerade gesagt habe, man ist immer in einer anderen Company als ein Jahr zuvor. Sprich, die Prozesse, die man vielleicht auch mühevoll aufgebaut hat, funktionieren teilweise gar nicht mehr. Man braucht neue Prozesse, man muss sie anpassen, und die Leute um einen herum sind andere und mehr als noch vor einem Jahr. Das heißt, wir haben ein ganzes Team natürlich für Organisationsentwicklung, wo wir merken: Dinge, die früher so einfach waren, weil man sie an einem Tisch einfach schnell, am Mittagessenstisch, ausgetauscht hat, werden jetzt so unfassbar schwer. Ich greife mir da wirklich regelmäßig an den Kopf, weil ich es nicht verstehe, wie das jetzt so schwer sein kann. Aber es sind einfach immer mehr Menschen involviert. Wir haben für uns dort also viele agile Methoden gerade implementiert wie Kanban und Scrum, was gut funktioniert. Aber es ist immer wieder die Einsicht: Wir brauchen mehr Kommunikation. Und auch wir Gründer sind so ein bisschen als „Chief Repetition Officers“, so hatte es glaube ich mal ein Google CEO genannt, gefragt. Also viel kommunizieren, immer wiederholen, weil sonst einfach vieles, auch Kulturelles, auf der Strecke bleibt.

Ja, vielen Dank! Trotz Ihrer jungen Unternehmerjahre haben Sie ja vielleicht so etwas wie ein Business-Mantra, das Sie anleitet oder in schwierigen Situationen Hilfestellung bietet. Wir fragen dieses Mantra immer ab in unserer Rubrik „Mantra Mantra“.

Warum war Gründen für Sie der beste Weg in die berufliche Zukunft?

Weil ich nicht mehr Zeit gegen Geld tauschen möchte, sondern aktiv selbst Sinn stiften kann.

Welche Eigenschaften sollten Gründerinnen und Gründer mitbringen, wenn sie alleine oder eben mit anderen gründen wollen?

Auf jeden Fall Optimismus, ein starkes Durchhaltevermögen und auch eine Leidensbereitschaft.

Welches Vorbild hatten Sie bei der Gründung Ihres Start-ups vor Augen?

Den dm-Gründer, Götz Werner, auch mit seinem Buch. Hat uns sehr inspiriert.

Was ist der beste Umgang mit Fehlern oder Niederlagen?

Transparent und schnell kommunizieren an die, die es betrifft, und dann auf jeden Fall Ruhe bewahren!

Ganz am Ende unserer Podcast-Folge lassen wir unsere Gäste immer noch Sätze vervollständigen – wie bei der Autovervollständigung. Ich fange den Satz an, und Sie antworten schnell und ohne nachzudenken und beenden diesen Satz. Der Lieblings-Schokoriegel meiner Kindheit war …?

kinder bueno.

Die einschneidendste Erkenntnis in meinem bisherigen Berufsleben war …?

Wachstum muss wehtun!

Unternehmerische Verantwortung heißt für mich …?

Empathisch zu bleiben und Weitsicht bewahren.

Mein Lieblings-Schokoriegel von nucao ist …?

Almond Sea Salt.

Ja, herzlichen Dank, Christian Fenner! Naschen geht also auch gesünder und in jedem Alter. Ich weiß schon, welche nucao-Sorte ich also demnächst ausprobieren werde. Ich bedanke mich bei Ihnen! Christian Fenner, Co-Gründer von the nu company. Grüße auch an Ihre Mitgründer! Und natürlich viel Erfolg beim Bäumepflanzen, damit Sie Ihr Ziel – eine Milliarde Bäume bis 2030 – auch erreichen.

Ja, vielen Dank! Hat sehr viel Spaß gemacht! Danke für die Möglichkeit und bis bald!

Ja, wenn Sie jetzt auf den Geschmack gekommen sind – um Ernährung und Nachhaltigkeit geht es auch in unserer kommenden Folge von „Ungeschönt Grün“. Ein Architekt und eine Juristin wollen die tägliche Verschwendung von brauchbaren Lebensmitteln nicht mehr hinnehmen. Heute retten sie tonnenweise unverkauftes Restbrot und verarbeiten es zu leckeren Produkten weiter. Wir stellen Ihnen die Kultimativ GmbH mit ihren Marken „Heldenbrot“ und „Knödelkult“ vor. Bis bald bei „Ungeschönt“, sagt Holger Thurm!

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